DIW-Chef Fratzscher kritisiert Lindners Entlastungspläne als ungerecht

Klingbeil: Vorschläge könnten in Gesamtpaket mit einfließen

Der Wirtschaftsexperte Marcel Fratzscher hat die von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) geplanten Steuerentlastungen kritisiert. "Es ist Aufgabe der Bundesregierung, die von der Krise am stärksten betroffenen Menschen zielgenau zu entlasten und gleichzeitig sich selbst nicht an der Inflation zu bereichern", sagte Fratzscher der Düsseldorfer "Rheinischen Post". Lindners Konzept bevorzuge jedoch Gutverdienende.

Der Vorschlag des Bundesfinanzministers bedeute nicht, "dass der Staat seine Inflationsgewinne an alle Menschen zurückgibt, sondern er gibt sie primär an Menschen mit hohen und mittleren Einkommen", sagte der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). "40 Prozent der Steuereinnahmen sind indirekte Steuern, wie die Mehrwertsteuer, die vor allem Menschen mit geringen Einkommen belastet. Für diese Menschen sieht der Plan des Bundesfinanzministers jedoch keine nennenswerte steuerliche Entlastung vor", kritisierte Fratzscher weiter.

Er warf Lindner vor, sein Plan "setzt die falschen Prioritäten, denn Menschen mit geringen Einkommen erfahren eine drei bis vier Mal höhere Belastung ihres Einkommens durch die Inflation im Vergleich zu Menschen mit hohen Einkommen". Daher würde eine Umsetzung von Lindners Konzept "die Ungleichheit und die soziale Polarisierung weiter verschärfen". Fratzscher verwies auch auf die knappen öffentlichen Kassen. In diesem Zusammenhang wandte er sich erneut gegen ein Beharren auf der Einhaltung der Schuldenbremse.

SPD-Chef Lars Klingbeil sagte dem "Spiegel" zu den von Lindner vorgestellten Eckpunkten: "Es ist richtig, dass sich Finanzminister Lindner mit seinen Vorschlägen konstruktiv an der Debatte über Entlastungen beteiligt." Zu den notwendigen weiteren Entlastungen für die Bürgerinnen und Bürger wegen der hohen Preise könnten "auch steuerliche Entlastungen gehören", signalisierte Klingbeil eine Offenheit für Vorschläge des Finanzministers.

Er sehe diese als "einen Beitrag für ein Gesamtpaket, das jetzt zügig auf den Weg gebracht werden sollte", sagte der SPD-Chef weiter. Andere Politiker von SPD und Grünen hatten zuvor deutliche Kritik an den Vorschlägen Lindners geübt.


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